pts20041103049 Politik/Recht, Forschung/Entwicklung

Gewerbeverein: Für 5 Seiten EU-Richtlinienumsetzung über 6 Jahre gebraucht!

Durch kollektive Procrastination wird der F&E-Standort Österreich gefährdet!


Wien (pts049/03.11.2004/21:41) Am 30. Juli 1998 trat die EU-Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen in Kraft. Verbunden damit war die Auflage, deren Inhalt jeweils bis 30. Juli 2000 in nationales Recht umzusetzen. Nunmehr - was so rasch? - gibt es die entsprechende österreichische Regierungsvorlage.

Darin kommt man lapidar zum Schluss: "Für den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen ist kein neues Patentrecht notwendig, sondern nur die Feststellung, dass das nationale Patentrecht die wesentliche Grundlage für den Rechtsschutz biotechnologischer Erfindungen darstellt." Eine fundamentale Erkenntnis, die einer Frotzelei nahe kommt!

Dafür wurden auf fünf Seiten Text 17 Paragrafen angepasst. Und das alles ist erst einmal eine Regierungsvorlage und noch lange kein Gesetz - kritisiert man im Österreichischen Gewerbeverein (ÖGV), der viele der heimischen Biotech-Startups vertritt.
Die Pathopsychologie beschäftigt sich bei bummelnden Studenten gerade intensiv mit diesem krankhaften Aufschiebeverhalten: Procrastination heisst das Leiden in der Fachsprache: Die Ausführung oder Beendigung unangenehmer Aufgaben wird auf später verschoben, obwohl man weiß, dass später ebenso gut oder schlecht, wie gleich erledigen ist.

Die gebundene Fassung der Regierungserklärung 2003-2006 endet mit dem wahren Satz "Die Zukunft sollte man nicht vorhersehen wollen, sondern möglich machen" von Antoine de Saint-Exupery - an sich sollten solche weisen Regierungserklärungen den Literaturnobelpreis erhalten!

Zu einem der wesentlichen Zukunftsthemen - der Biotechnologie - fällt dann allerdings den Autoren nur sehr wenig ein: "Zur Förderung des Forschungsstandortes Österreich zählt auch die Umsetzung der EU-Biopatent-Richtlinie. Damit wollen wir die vielen Biotech-Unternehmen, vor allem die Start-ups stärken".

Am Beispiel der nun mehr als vier Jahre verzögerten Umsetzung der EU-Biopatentrichtlinie (98/44/EG) signalisiert uns die Bundesregierung, dass sie aufgrund irgendwelcher ewiggestriger Ideologien dem Fortschritt keine Chance gibt; und im Umkehrschluss der Regierungserklärung "Damit wollen wir die vielen Biotech-Unternehmen, vor allem die Start-ups stärken", dass damit die vielen Biotech-Unternehmen fahrlässig geschwächt werden sollen.

Die Bundesregierung kommuniziert mit der jahrelangen Verweigerung der von der EU dringendst eingemahnten Umsetzung der EU-Biopatentrichtlinie in heimisches Recht, dass ihr die Wissenschaft und die damit verbundene Wirtschaft gleichgültig ist.

(Ende)
Aussender: Österreichischer Gewerbeverein
Ansprechpartner: Herwig Kainz
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E-Mail: h.kainz@gewerbeverein.at
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