pts20041104050 Politik/Recht

Gewerbeverein: Der in Lissabon angedachte europäische Sprung wird ein Flop!

In der EU wird die Zukunft nur beim Konsumenten- & Umweltschutz ernst genommen!


Wien (pts050/04.11.2004/21:45) Heute steht fest: Der wirtschaftliche Sprung nach vorn - festgeschrieben beim EU-Gipfel in Lissabon vor vier Jahren - wird Europa nicht gelingen. Es spricht wenig dafür, dass die EU die selbst gesteckten Ziele bis 2010 erreichen kann - befürchtet man im Österreichischen Gewerbeverein (ÖGV).

Die Gründe sind leicht nach vollziehbar:

+ Für die meisten EU-Bürger ist das Lissabon-Projekt noch immer ein gut gehütetes Geheimnis - ohne sie läuft aber gar nichts!

+ Der EU-Kommission ebenso wie den meisten Mitgliedstaaten fehlt es am Willen und an der notwendigen Kraft, um die Lissabon-Erklärung im Wege umfassender Reformen auch umzusetzen.

+ Es mangelt an bindenden Fristen, bis zu der alle einschlägigen Richtlinien durch die Mitgliedstaaten umgesetzt sein müssen. Österreich ist hier ein Musterbeispiel an schlechtem Verhalten, wies der ÖGV erst wieder vor Kurzem nach: Die am 30. Juli 1998 in Kraft getretene EU-Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen hätte bis 30. Juli 2000 in nationales Recht umgesetzt werden müssen. Es geht dabei um läppische fünf Seiten Text und die minimale Anpassung von 17 Paragrafen. Bis heute ist diese Umsetzung nicht geschehen.

+ Es fehlt auch insbesondere an einer umfassenden Durchforstung der bestehenden EU-Regulierung und einer sorgfältigen, systematischen Folgenabschätzung bei allen künftigen Regulierungen. Und von letzteren sind noch zahlreiche zu erwarten!

+ Es mangelt an einer drastischen Beschleunigung und Vereinfachung von Unternehmensgründungen.

+ Die Schaffung besserer Rahmenbedingungen zur Förderung von Risiko- und Eigenkapital sowie ein modernes Insolvenzrecht lässt auf sich warten.

Die grundlegende Ratio von Lissabon ist gültiger denn je: Keine europäische Nation kann auf sich allein gestellt im weltweiten Wettbewerb erfolgreich agieren. Jeder Schritt eines EU-Mitgliedstaates zu mehr Wachstum und Wettbewerbsstärke gewinnt an Durchschlagskraft, wenn er mit anderen Mitgliedstaaten abgestimmt ist. Je besser es der EU insgesamt gelingt, Wissensentwicklung und Marktöffnung voranzutreiben, desto wettbewerbsfähiger wird die Volkswirtschaft jedes einzelnen Mitgliedstaats. Die Lissabon-Strategie als ein Bündel von sich gegenseitig beeinflussenden und verstärkenden Reformen bleibt die überzeugendste Antwort Europas auf die Herausforderung der Globalisierung.

Stattdessen übt sich die Europäische Union im Erlassen eines - wahrscheinlich verfassungswidrigen - Tabakwaren-Berichterstattungsverbots, macht über ein weltfremdes Vergaberecht insbesondere dem Baubereich zu schaffen und sorgt sich um jede Mini-Platine und deren Entsorgung. Die Zukunft wird mit solchen - beispielhaft angeführten - Themen nicht gewonnen. Ernsthaftigkeit und nicht geschwätzige Umtriebigkeit ist angesagt!

(Ende)
Aussender: Österreichischer Gewerbeverein
Ansprechpartner: Herwig Kainz
Tel.: +43/1/587 36 33
E-Mail: h.kainz@gewerbeverein.at
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