pts20050818045 Politik/Recht, Unternehmen/Wirtschaft

Gewerbeverein: Im Vergaberecht treibt die Republik die Aldisierung fort!

Beamtenbequemlichkeit macht das Auftrags-Haifischbecken noch gefährlicher!


Wien (pts045/18.08.2005/20:26) Die Pläne bei der Umsetzung der EU-Vergaberechtsrichtlinie in heimisches Recht räumen nunmehr dem öffentlichen Auftraggeber die freie Wahl zwischen Best- und Billigstbieterprinzip ein. Damit schreitet das öffentlich-rechtlich Österreich munter mit der Aldisierung bei der Auftragsvergabe fort - kritisiert der Österreichische Gewerbeverein (ÖGV).

Offenbar meint der Gesetzgeber, dass dem Österreicher grundsätzlich das Billigste für sein hart erarbeitetes Steuergeld zu bieten sei. Dass man damit schon einige Male furchtbar - eben auf Kosten jenes Steuerzahlers - auf die Nase gefallen ist (Stichwort: Tower am Flughafen Wien), scheint die Gesetzesformulierer nicht sonderlich zu stören. Was bisher (verbotenes) Faktum war - das Billigstbieterprinzip - wird nun legalisiert.

Die Erklärung für diese Aldisierung (wohlgemerkt: Aldi bietet durchwegs keine schlechten Waren an) gab erst dieses Frühjahr Wiens Vizebürgermeister Sepp Rieder anlässlich einer Podiumsdiskussion im ÖGV: "Die Beamten entscheiden sich im Zweifelsfall für den Billigstbieter, damit sie nicht in Erklärungsnotstand kommen", meinte er und bekannte sich voll zum Bestbieterprinzip.

Dabei ist die Billigstbieterei ein Schuss ins eigene Knie: Neben der teuren Nachbesserung von Mängeln zieht dieses Prinzip förmlich den Pfusch - insbesondere in Form von Ein-Mann-Unternehmungen aus den neuen EU-Nachbarländern - magisch an. Und dass man als Billigstbieter nicht auch noch Lehrlinge ausbilden kann, liegt auf der Hand!

Pikant im Vergaberechtsentwurf ist auch die Kannbestimmung, der zu Folge sich öffentliche Auftraggeber nicht an Normvorgaben halten müssen. Kommt jetzt die Hollabrunn-Autismus-Norm?

Der ÖGV wird die Entwicklung des heimischen Vergaberechts auch weiterhin kritisch verfolgen. Was derzeit am Tisch liegt, ist jedenfalls schlechter als das bisher Praktizierte. Mag schon sein, dass im "Haifischbecken" öffentlicher Vergabeverfahren bis zu dreißig Prozent eingespart wurden. Aber wie in jedem Haifischbecken sind eine ganze Menge Leichen übrig geblieben. Mit dem jetzigen Entwurf würde das Gemetzel nur noch verschlimmert werden!

(Ende)
Aussender: Österreichischer Gewerbeverein
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