pts20050822003 Politik/Recht

Gewerbeverein: Gleichbehandlung bei der Wirtschaft ja, aber nicht im Staat!

Der Leiter im Amtskalender ist o.k., der Leiter im Inserat wird bestraft!


Wien (pts003/22.08.2005/08:47) Der aktuelle Österreichische Amtskalender 2004/2005 stellt es im Vorwort klar: "Im Allgemeinen wurde versucht, die femininen Endungen der Titel, Amtstitel und Funktionsbezeichnungen zu berücksichtigen, Abkürzungen sind in der Regel geschlechtsneutral angeführt". Ganz so ernst scheint das aber nicht zu sein, denn der Ltr (Abkürzung vom offenbar männlichen Leiter) und der Mag. und Dr. vor Frauennamen findet sich sogar auf Seite 180 dieses Faszikels, die dem Bundesministerium für Gesundheit und Frauen, speziell der Gleichbehandlungskommission für die Privatwirtschaft gewidmet ist. Eben die dort angeführten Personen legen auf Gleichbehandlung in der Privatwirtschaft demnach viel strengere Maßstäbe an als an ihre eigenen Dienststellen. Der Staat möge zuerst vor seiner eigenen Türe kehren, meint man dazu im Österreichischen Gewerbeverein (ÖGV).

So schreibt eine regionale "Gleichbehandlungsanwaltschaft für Frauen und Männer in der Arbeitswelt" an ein ÖGV-Mitgliedsunternehmen mit hohem Frauenanteil in der Führungsebene nach Veröffentlichung eines Stelleninserates für Techniker/Konstrukteure einen geharnischten Brief. Das sei nicht geschlechtsneutral - so der Tenor!

Tröstlich: Beim ersten Verstoß wird gnadenhalber noch verwarnt, ab dann sind bei weiteren Vorfällen 360 EUR fällig.

In einem Beiblatt zur Schelte wird genau dar gelegt, wie man der "gesetzlichen Verpflichtung nachkommen kann, offene Stellen geschlechtsneutral auszuschreiben". Auszüge daraus:
+ Geschlechtsstereotype Eigenschaften wie Körperkraft zu erwähnen, ist untersagt. Gibts noch viele Müllabführerinnen?
+ Fällig ist, wer in der Stellenausschreibung lediglich den Zusatz "im Sinne des GlBG wenden wir uns an interessierte Damen und Herren"...bei ansonsten geschlechtsspezifischer Stellenausschreibung verwendet.

Folgt man der Logik der Gleichbehandlungsanwaltschaft für Frauen und Männer in der Arbeitswelt dann müsste diese bei Lektüre des offiziellen Österreichischen Amtskalenders aufjaulen. Denn genau dagegen, was bei privaten Stellenausschreibungen mit Strafe zu ahnden ist, wird dort auf der Seite des BMFG, "Gleichbehandlungskommission für die Privatwirtschaft" massivst verstoßen. Zigtausendmal 360 EUR für fortgesetztes geschlechterdiskriminierendes Verhalten wären fällig!

Dieser Institution zu Folge darf bestimmt nicht nur "im Allgemeinen versucht werden, feminine Endungen zu berücksichtigen" und schon gar nicht "Abkürzungen nur in der Regel geschlechtsneutral" zu verwenden.

Der Terminus "Leiter" im Amtskalender soll genau so geahndet werden, wie die Techniker/Konstrukteure in einem Inserat der Privatwirtschaft - nämlich gar nicht. All die Weile wird hätten am Arbeitsmarkt nur diese Sorgen!

(Ende)
Aussender: Österreichischer Gewerbeverein
Ansprechpartner: Herwig Kainz
Tel.: +43/1/587 36 33
E-Mail: h.kainz@gewerbeverein.at
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