pts20060329043 Politik/Recht, Technologie/Digitalisierung

Gewerbeverein: Beim Insolvenz-Ausfallsgeld wird geklotzt, nicht gekleckert!

OGH rittert beim IESG um 78 EUR, dem VfGH ist eine Drittel Mrd. EUR egal.


Wien (pts043/29.03.2006/22:26) Eine Drittel Milliarde EUR jährlich könnten sich Unternehmen sparen, wenn der ausschließlich von ihnen dotierte Fonds zum Insolvenz-Ausfallsgeld (IESG) Zweck entsprechend verwendet würde. Erst vor wenigen Monaten entschied der Verfassungsgerichtshof, dass die 0,7 Prozent Beitragssatz fast doppelt so hoch wie notwendig ist und verdonnerte den Staat zur Rückzahlung des Jahre lang zu viel einbehaltenen Geldes an die Beschwerdeführer. Nun hat ein anderes österreichisches Höchstgericht kleinlich entschieden. Dem Obersten Gerichtshof (OGH) waren 78 EUR eines Geschädigten für die Berechnung seiner Ansprüche zu hoch - abgeblitzt. Dass der IESG-Satz wieder klammheimlich auf 0,7 Prozent geklettert ist, das stört da niemanden, wundert man sich im Österreichischen Gewerbeverein (ÖGV).

Beim Insolvenz-Ausfallgeld werden nur Nettobeträge ersetzt. Hat der geschädigte Arbeitnehmer nicht einen Personalverrechnungskurs absolviert, braucht er somit einen Experten zur Nettoberechnung. Alles für den Fall, dass der bisherige Arbeitgeber in Folge Insolvenz zum Abrechnen nicht mehr in der Lage ist und der Masseverwalter sich diesbezüglich weigert.

Der OGH geht dabei vom Grundsatz aus, dass jeder Beteiligte ihm im Verwaltungsverfahren erwachsende Kosten selbst zu bestreiten hat. Also, lieber Arbeitnehmer, wenn da schon das Pech der Pleite zuschlägt, dann sind auch noch 78 EUR für die Lohnverrechnung zu blechen!

Inkonsequent ist unsere Rechtsprechung schon. Da entscheidet ein österreichisches Oberstgericht, dass bisher beim Insolvenzentgelt zweckwidrig agiert wurde und lässt gerade einmal 0,4 statt der tatsächlichen 0,7 Prozent Beitragssatz zu. Um dann im gleichen Urteil festzustellen, dass das Umtopfen für Zwecke der Arbeitsmarktstimulierung durchaus zulässig wäre. Entsprechend zahlen Unternehmer - außer jene, denen der Verfassungsgerichtshof Recht gab - seit Jahr und Tag 0,7 Prozent. Und damit um eine Drittel Milliarde EUR jährlich zuviel. Und dann findet es ein anderes Oberstgericht rechtens, wenn einem Arbeitnehmer lumpige 78 EUR für etwas verweigert werden, was im ursächlichen Zusammenhang mit seinem Missgeschick steht.

Rechtsstaatlichkeit hat mit Verhältnismäßigkeit zu tun. Auf der einen Seite Milliarden zweckwidrig zu verwenden und auf der anderen Zweck entsprechende Kostenersätze im Minimalbereich zu verweigern - da versteht man den Staat schon nicht mehr.

Übrigens: Wer im verstaubten Archiv blättert, findet in der ÖVP/FPÖ-Regierungserklärung vom 9.2.2000: unter Senkung der Lohnnebenkosten: IESG: 0,4 um %-Punkte: das sind 3,2 Mrd. ATS; Inkrafttreten: 2001.

Übrigens wie meinte doch schon 1996 ORF-Anchorman Robert Hochner: "Die Rache der Journalisten an den Politikern ist bekanntlich das Archiv"!

(Ende)
Aussender: Österreichischer Gewerbeverein
Ansprechpartner: Herwig Kainz
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