Patentaktivität in Europa: Nicht-Europäer aktiver als Europäer
Österreichisches Patentamt reagiert mit Maßnahmen für heimische Wirtschaft
Alpbach (pts008/23.08.2012/10:00) Dr. Friedrich Rödler, Präsident des Österreichischen Patentamtes, präsentierte im Rahmen der Alpbacher Technologiegespräche einen Überblick über die internationale Patentaktivität in Europa und stellte Maßnahmen des Österreichischen Patentamtes vor.
Gemessen an der Patentaktivität (Patentanmeldungen pro eine Million Einwohner) wurde Europa 2011 von Japan, den USA, Korea und Israel weit überholt. So betrug die Patentaktivität der Europäer im eigenen Haus 152 Patentanmeldungen pro eine Million Einwohner, während der Wert von Japan im Europäischen Patentamt bei 370 liegt. Aus den USA stammen 192, aus Korea bereits 265 und aus Israel 212 Patentanmeldungen pro eine Million Einwohner. Singapur (151) hat in Europa ebenfalls schon europäisches Niveau erreicht.
Patentamts-Präsident Dr. Friederich Rödler: "Absehbar ist auch, dass die exorbitante Entwicklung in China bald Europa erreichen wird. 2011 gab es laut Jahresbericht des Chinesischen Patentamtes bereits über 1.100.000 Erfindungsanmeldungen in Peking, wobei rund 90 % der Innovationen aus China selbst stammen. Die Erfindungsaktivität beträgt in China bereits über 740 Innovationen pro eine Million Einwohner, um über 200 mehr als im Vorjahr. Ein Anstieg, von dem sämtliche alte Innovationsländer nur träumen können. Daher ist es nur mehr eine Frage der Zeit, wann diese Flut von Patenten Europa erreicht."
Das Österreichische Patentamt versteht sich als Türöffner der heimischen innovativen Wirtschaft zu den Weltmärkten und hat auf die globale Entwicklung bereits mit einer serviceorientierten Schwerpunktsetzung reagiert. Für die nächsten Jahre sind große Reformen geplant. Am Ende soll ein Gesamt-Kompetenz-Center für das geistige Eigentum stehen, das im Interesse der österreichischen Wirtschaft noch effizienter sein wird.
Das Österreichische Patentamt arbeitet auch an grenzübergreifenden Kooperationen auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes. Äquivalent zum bewährten Nordic Patent Institute mehrerer skandinavischer Staaten bereiten Österreich, Ungarn und Rumänien mit dem Danube Patent Institut ein ähnliches Projekt vor. Rödler: "Eine einmalige Chance für den zentraleuropäischen Wirtschaftsraum, mit Österreich als Motor und seiner Wirtschaft als Nutznießer."
Beim geplanten EU-Patent, das neben einem einheitlichen europäischen Rechtsschutz auch eine erhebliche Reduktion der Kosten und Gebühren mit sich bringen würde, kommt es immer wieder zu Verzögerungen. Zuerst haben Spanien und Italien wegen der geplanten Sprachenregelung ("nur" Englisch/Deutsch/Französisch als Übersetzungserfordernis) blockiert, dann gab es Diskussionen um den Standort der Zentralen Kammer für Patentstreitigkeiten. Der "Haupt"-Sitz wurde zwar Paris zugesprochen, daneben sollen allerdings "Niederlassungen" in München und in London errichtet werden. Die Rechtsprechung soll nach technischen Gebieten auf alle drei Stellen aufgeteilt werden. Ob und wie sich eine derartige Zersplitterung des "einheitlichen" Patentgerichts in der Praxis bewähren wird können, bleibt abzuwarten.
Indes schlugen die Staats- und Regierungschefs vor, wesentliche Bestimmungen über den materiellen Rechtsschutz aus der zwischen dem Rat und dem Europäischen Parlament bereits akkordierten EU-Patent-Verordnung wieder zu streichen. Eine solche - dem Vernehmen nach von Großbritannien begehrte - Streichung dieser Artikel hätte zur Folge, dass sich die Wirkung eines EU-Patents nach den jeweils nationalen Bestimmungen richtet. Eine deckungsgleiche einheitliche Wirkung des EU-Patents in allen teilnehmenden Mitgliedstatten wäre dadurch also wiederum nicht sichergestellt.
Das EU-Parlament hat das Thema von der Tagesordnung genommen. Wie lange es auf Eis bleibt, ist ungewiss.
Präsident Rödler: "Wenn wir den derzeitigen globalen Entwicklungen nichts entgegensetzen, wird Europa weiter ins Abseits driften. Zumindest in Sachen EU-Patent gibt es derzeit nur eine Devise: Tempo statt Siesta!"
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Cornelia Zoppoth
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