pte20200504022 Medizin/Wellness, Forschung/Entwicklung

Alkohol: Warnetiketten in Kanada erforscht

"Erste Real World Evidence" belegt Wirksamkeit in der Praxis - Konsum sinkt signifikant


Alkoholika mit Warnhinweisen in Kanada (Foto: Kate Vallance, uvic.ca)
Alkoholika mit Warnhinweisen in Kanada (Foto: Kate Vallance, uvic.ca)

Toronto (pte022/04.05.2020/13:30) Alkoholflaschen mit auffälligen Etiketten mit Infos zu den Risiken des Alkoholkonsums oder Trinkleitlinien könnten den Konsum eindämmen. Zu dem Ergebnis eine neue im "Journal of Studies on Alcohol and Drugs" publizierte Studie. Laut der Forschungsleiterin Erin Hobin handelt es sich dabei um die erste "Real World Evidence". Große, leuchtend gelbe Etiketten mit wechselnden Gesundheitsbotschaften würden das Bewusstsein gegenüber nationalen Richtlinien sowie das Wissen um die mit Alkohol in Verbindung stehenden Krankheiten wie Krebs verbessern. Auch würde dies den Verkauf verringern, so die Forscher.

Verringerte Umsätze

Im Rahmen der "Northern Territories Alcohol Label Study" des Canadian Institute for Substance Use Research http://uvic.ca/research/centres/cisur und Public Health Ontario http://www.publichealthontario.ca wurden leuchtend farbige Etiketten auf Bier, Wein und Spirituosen angebracht. Sie zeigten jeweils eine von drei kurzen Botschaften. Eine zeigte wissenschaftliche Beweise für den Zusammenhang zwischen Alkohol und Krebs, eine weitere enthielt die Richtlinien der kanadischen Regierung für risikoarmes Trinken und die dritte enthielt Infos über die Anzahl in dem Gebinde enthaltener Standardgläser.

Laut einer Studie unter der Leitung von Jinhui Zhao und Tim Stockwell vom Canadian Institute for Substance Use Research verringerte das Anbringen derartiger Etiketten auf Alkoholflaschen den Gesamtumsatz im Vergleich mit Regionen ohne diese Warnhinweise um 6,9 Prozent. Insgesamt wurden 300.000 Etiketten angebracht. Eine weitere Studie unter der Leitung von Schoueri-Mychasiw von Public Health Ontario zeigte, dass sich bei 2.049 Teilnehmern die Wahrnehmung der Richtlinien für risikoarmes Trinken durch die Etiketten fast verdreifachte. Kanada empfiehlt für Frauen nicht mehr als zwei alkoholische Getränke pro Tag. Bei Männern sind es drei. Zusätzlich werden zumindest zwei alkoholfreie Tage pro Woche empfohlen.

Kontroverse um Krebs

Eine dritte Studie löste eine Kontroverse aus. Das Team um Hobin befragte die gleiche Teilnehmergruppe zu ihrem Wissen über den Zusammenhang von Alkoholkonsum und Krebs. Auf dem Etikett stand: "Der oberste Gesundheitsbeamte informiert, dass Alkohol Krebserkrankungen wie Brust- und Darmkrebs verursachen kann." Vor der Anbringung der Etiketten wussten nur rund 25 Prozent der Teilnehmer, dass Alkoholkonsum Krebs hervorrufen kann. Nach der Kennzeichnung erhöhte sich das Bewusstsein im Territorium Yukon auf 42 Prozent. Das waren um zehn Prozent mehr als im benachbarten nordwestlichen Territorium.

Der Teil der Studien mit dem Krebsetikett wurde abgebrochen, da die Alkoholindustrie gegen die Anbringung von Etiketten auf ihren Produkten protestierte. Die Industrie beanstandete, dass die Regierung von Yukon, die half, die Studie zu koordinieren und für Vertrieb und Verkauf von Alkohol zuständig ist, nicht über die rechtliche Befugnis verfüge, derartige Etiketten anzubringen, dass die Etiketten die Meinungsfreiheit der Industrie verletzten und dass die Regierung die Alkoholproduzenten diffamiere. Die Regierung gab dem Druck nach und brach diesen Teil ab - nur einen Monat, nachdem die Studie gestartet war.

Hobin beschreibt diese Studie als den Kampf von David gegen Goliath. Nach Beratungen mit Juristen kommen die Autoren zu dem Schluss, dass die Vorwürfe der Industrie keine Grundlagen hatten. Sie gehen sogar davon aus, dass die Regierungen der Provinzen und Territorien dafür haftbar gemacht werden könnten, wenn sie die Konsumenten nicht vor dem Zusammenhang zwischen Alkohol und Krebs warnen.

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