pte20241010003 Medien/Kommunikation, Politik/Recht

Hexenjagd ähnelt Social-Media-Kampagnen

Kerice Doten-Snitker sieht Parallelen zwischen Buchdruck und Nachbarschaftsgerede versus Web


Hexenverbrennung: Forscherin zieht Parallelen zwischen damals und heute (Illustration: pixabay.com)
Hexenverbrennung: Forscherin zieht Parallelen zwischen damals und heute (Illustration: pixabay.com)

Santa Fe (pte003/10.10.2024/06:10)

Um 1450 begannen in Europa Hexenprozesse. Im gleichen Jahr begann dank Johannes Gutenberg der Buchdruck mit beweglichen Lettern. So entstanden zahlreiche Handbücher zur Hexenjagd, die eine entscheidende Rolle bei der Verbreitung der Verfolgung von Missliebigen spielten. Ein neues Medium löste eine breite Bewegung aus. Kerice Doten-Snitker vom Santa Fe Institute sieht in dieser Entwicklung klare moderne Parallelen, wie groß angelegte soziale Veränderungen stattfinden.

Mobbing und Radikalisierung

"Der Prozess der Einführung von Hexenprozessen ist nicht unähnlich dem, wie moderne Regierungen heute neue Richtlinien einführen. Es beginnt oft mit neuen Ideen, die durch soziale Netzwerke verstärkt werden. Mit der Zeit setzen sich diese Ideen durch und verändern das Verhalten ganzer Gesellschaften", sagt die Soziologin.

Die sozialen Netzwerke entsprechen den historischen Nachbarschaften innerhalb von Städten, aber auch benachbarten Orten. Sie schauten voneinander ab, schlossen sich Ideen an, die andre in die Welt setzten. Die gedruckten Pamphlete beschleunigten diesen Prozess, der damals zum Anschwellen der Hexenprozesse führte. Heute sorgte das Social Web durch Mobbing zu ähnlichen Entwicklungen - durch die Verbreitung extremistischer Ideen, vor allem bei jungen Menschen.

Leitfaden für Hexenverfolgung

Laut Doten-Snitker hat die Einführung des Buchdrucks die Verbreitung von Vorstellungen über Hexerei, die zuvor auf kleine intellektuelle Kreise wie Religionsgelehrte und örtliche Inquisitoren beschränkt gewesen waren, beschleunigt. Die berüchtigtste dieser Veröffentlichungen, der "Malleus maleficarum", war sowohl ein theoretischer als auch ein praktischer Leitfaden zur Identifizierung, Befragung und Verfolgung von Hexen.

Die Fachfrau erklärt, dass diese Handbücher, sobald sie in Umlauf gebracht wurden, einen Rahmen dafür boten, wie lokale Behörden mit vermuteten Hexen in ihren Gemeinden umzugehen hatten. Übernahm eine Stadt die beschriebenen Praktiken, folgten die Nachbarstädte oft diesem Beispiel und lernten voneinander. Dieser Prozess dauerte oft viele Jahre, da die Menschen in den Städten Zeit brauchten, um neue Vorstellungen von Hexerei zu verarbeiten und in ihr Verhalten zu integrieren. Sobald er jedoch Fuß gefasst hatte, löste er einen langsamen, aber starken Welleneffekt aus, der sich über den gesamten Kontinent ausbreitete. Dank Internet gehen ähnliche Entwicklungen heute um ein Vielfaches schneller, heißt es abschließend.

(Ende)
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