pte20240614001 Politik/Recht, Forschung/Entwicklung

Schuldige Politiker leben gut mit Dementis

Tests der University of Nebrasca-Lincoln: Anhänger honorieren das eher als Entschuldigungen


Politikwissenschaftler Pierce Ekstrom: Parteigänger verzeihen fast alles (Foto: unl.edu)
Politikwissenschaftler Pierce Ekstrom: Parteigänger verzeihen fast alles (Foto: unl.edu)

Lincoln (pte001/14.06.2024/06:00)

In einen Skandal verwickelte Politiker leugnen oft ihre Schuld. Das tun sie, weil ihre Anhänger ein weniger glaubwürdiges Dementi dem Verlust politischer Macht vorziehen. Das jedenfalls ist das Ergebnis einer Untersuchung von Pierce Ekstrom von der University of Nebrasca-Lincoln. "Wir wollten wissen, ob Menschen tatsächlich Anreize für Politiker schaffen, Fehlverhalten zu leugnen und sich der Verantwortung zu entziehen. Es gibt einen starken Reiz, sich hinter den Politiker zu stellen, den man aus Überzeugung gewählt hat. Und dieser Reiz ist in jüngster Zeit noch stärker geworden. Je wichtiger und unverzichtbarer ein Politiker für die Partei zu sein scheint, desto engagierter werden ihn die Menschen verteidigen", so Ekstrom.

Im Privatleben ist es anders

Im Privatleben mag es für einen Übeltäter ethischer erscheinen, eine Missetat einzugestehen und um Vergebung zu bitten. Doch Tausende Menschen, die seit 2013 an drei verschiedenen Experimenten teilgenommen haben, gaben an, dass sie einen Politiker trotz Anschuldigungen weiterhin unterstützen würden, wenn er seine Schuld leugnet.

"Wir als Bürger sollten uns selbst gegenüber ehrlich sein, was für ein Verhalten wir von unseren Politikern erwarten. Bevor wir die Details zu einem Skandal kennen, sollten wir wissen, wo wir die Grenze für Leute ziehen, die wir an der Spitze des Landes sehen wollen. Denn wir wissen, dass wir dazu neigen, die Spielregeln für Politiker unserer eigenen Partei zu ändern", meint Ekstrom.

Im ersten Experiment haben 403 Teilnehmer jeweils eine von 18 erfundenen Meldungen mit Anschuldigungen gegen den fiktiven Politiker "Roger Wimsatt" gelesen. Es gab drei Szenarien, in denen es um illegalen Machtmissbrauch ging: Wimsatt nutzte seinen Einfluss als hochrangiger Parteifunktionär, um Gesetzgeber dazu zu zwingen, ihr Votum zum "Affordable Care Act" zu ändern, das den Zugang zur Krankenversicherung für US-Bürger ebnet. Wimsatt vermittelte Regierungsaufträge an Unternehmen mit engen Parteiverbindungen. Oder Wimsatt ordnete an, dass in Unternehmen Spionage-Software installiert wird. In den Meldungen war er Mitglied unterschiedlicher Parteien und er reagierte mal mit einem scharfen Dementi oder einer Entschuldigung.

Erfolg bei gegnerischer Partei

Das Experiment hat ergeben, dass die Teilnehmer positiv auf Wimsatts Dementis reagierten, wenn sie sich mit dessen politischen Partei identifizierten. Eine Entschuldigung schadete seinem Ansehen bei den Parteimitgliedern zwar nicht, war aber auch nicht so vorteilhaft wie ein Dementi. Bei Personen der gegnerischen Partei verbessere weder eine Entschuldigung noch ein Dementi Wimsatts Ansehen.

In einem zweiten Experiment mir mehr als 1.100 Personen hat Ekstrom herausgefunden, dass die Teilnehmer das Image ihrer Partei schützen wollten und befürchteten, dass ihre Partei ihre Ziele nicht erreichen könnte, wenn der beschuldigte Politiker diskreditiert würde. Wie im ersten Experiment führten Dementis zu positiveren Reaktionen von Teilnehmern, die die Parteizugehörigkeit des Täters teilten.

In einem dritten Experiment lasen fast 1.800 Teilnehmer erfundene Meldungen über "Doug Courser". Darin wurden dem fiktiven Senator aus Florida kriminelles Fehlverhalten zur persönlichen Bereicherung, Vertuschung von Trunkenheit am Steuer, Wahlkampfbetrug oder Steuerhinterziehung vorgeworfen. In einigen Meldungen wurde Courser als entscheidende Stimme in einem Kampf um die Neueinteilung der Wahlbezirke beschrieben, die seine Partei benötigte, um an der Macht zu bleiben, während in anderen Geschichten behauptet wurde, er habe nur wenig Einfluss.

In einigen Berichten wies Courser die Anschuldigungen aggressiv als "verzweifelten und ekelhaften Versuch, seinen Namen zu beschmutzen" zurück. In anderen räumte er sein Fehlverhalten ein und sagte: "Worte könnten mein Bedauern nicht ausdrücken." Auch hier zeigte das Experiment, dass Dementis die Reaktionen der Teilnehmer auf Politiker ihrer eigenen Partei - aber nur auf Politiker ihrer eigenen Partei - durchweg verbesserten. "Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sowohl schwache als auch starke Parteianhänger positiv auf Parteiführer reagieren, die ihnen versichern, dass sie keine Gauner seien, egal ob es stimmt oder nicht", so Ekstrom.

(Ende)
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